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Aufbau und Technik

Dieses Foto zeigt den Beton­turm eines Wind­rads von innen. Die schwarzen Streifen – Spann­stahl – halten den Turm und sorgen dafür, dass er im Wind nicht zu stark schwankt. An der Leiter fährt der Auf­zug nach oben, fällt er aus, müssen die Arbeiter hoch­klettern.

Windpark Berching, Bayern

Nach dem Blick nach oben, hier die Sicht aus dem Mann­korb des orangen Krans nach unten. Wie eine Lego­landschaft wirkt die Bau­stelle am Fuße des Wind­rads. Die drei Rotor­blätter wurden bereits geliefert.

Windpark Titting, Bayern

Höhepunkt einer Montage ist immer der »Stern­zug«. »Rotor­stern« nennt man den vorderen Teil einer Wind­kraft­anlage mit den drei Flügeln. Vom An­heben am Boden bis zur Montage kann gut eine Stunde ver­gehen, wäh­rend­dessen ist das Team höchst­konzentriert.

Energieberg Hamburg

Ein Arbeiter steht oben auf der Anlage und gibt dem Kran­führer Anweisungen. Nicht im Bild sicht­bar sind seine drei Kollegen, die unter ihm vorne im Gene­rator sitzen, um in wenigen Minuten beide Teile mit­einander zu verschrauben.

Johnston, Rhode Island/USA

Nicht immer läuft alles glatt. Diese Anlage havarierte bereits bei der Inbetrieb­nahme durch mensch­liches Ver­sagen: Die Bolzen der Rotor­ver­riegelung wurden gelöst, bevor das auto­matische Brems­system in Betrieb genom­men war. Der Rotor ging so schnell in Über­dreh­zahl und zerbrach durch Über­lastung.

Windpark Etteln, Nordrhein-Westfalen

Die Lebenszeit einer Wind­kraft­anlage beträgt rund 25 Jahre. Auf diesem Bild habe ich die letzten Sonnen­strahlen einge­fangen, die vor dem Ver­schrauben zweier Segmente in das Innere des Turms fallen.

Johnston, Rhode Island/USA

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Arbeitsplatz Windenergie

Die Wind­kraft­anlagen werden rund um das Jahr mon­tiert – Haupt­sache, es ist nicht zu windig. Während es im Sommer im Turm manch­mal mehr als 40° Celsius werden kann, sorgen Schnee und Eis für das andere Extrem.

Windpark Tholey, Saarland

Fünf Arbeiter erwarten die Ankunft des Maschi­nen­hauses. Während der Mon­tage ist der Aufzug im Inneren des Turms noch nicht in Betrieb, das heißt, die Männer mussten die mehr als 100 Meter lange Leiter hoch­klettern. Das dauerte bei ihnen nur wenige Minuten. Ich hin­gegen brauche dafür mehr als eine halbe Stunde – mit vielen Pausen.

Windpark Titting, Bayern

Alle Teile, die vom Kran hoch­ge­zogen werden, werden mit Seilen vom Boden aus in Position ge­halten. Gerade wenn es windig ist, ein Knochen­job für die Arbeiter.

Johnston, Rhode Island/USA

Trotz aller technischen Errungen­schaf­ten ist noch viel Hand­arbeit gefragt. Trotz der monu­men­talen Größe der Anlagen haben die Tech­niker oft nur wenig Platz.

Johnston, Rhode Island/USA

Fertige Anlagen werden in regel­mäßigen Abständen über­prüft und gewartet. Dieser Indu­strie­klet­terer bereitet seinen Abstieg am Seil vor, um das Rotor­blatt zu kontrol­lieren.

Windpark Wildpoldsried, Bayern

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Schicht im Schacht –
Die Energiewende

Bei meinem Foto­projekt suche ich immer wieder nach Orten, an denen alte und neue Technologie auf­einander­treffen. Ein klas­sisches Beispiel dafür ist der Wind­park Cottbus-Halde und das benach­barte Braun­kohle­kraft­werk Jänschwalde.

Windpark Cottbus-Halde, Brandenburg

Diese Wind­kraft­anlage wurde auf einer renaturierten Tage­bau­fläche gebaut. Während im Hinter­grund das Braun­kohle­kraftwerk noch in Betrieb ist, sorgen vorne dutzende Wind­räder für sauberen Strom.

Windpark Cottbus-Halde, Brandenburg

Bei dieser Aufnahme stand ich auf einem Wind­rad in der Nähe von Schwein­furt und habe das AKW Grafen­rhein­feld foto­gra­fiert. Zwei Jahre später, 2015, wurde es end­gültig still­gelegt. So sind meine Bilder immer auch Zeit­doku­mente, die die Energie­wende festhalten.

Windpark Schonungen, Bayern

Es gibt aber auch den umge­kehrten Fall, dass ein Wind­kraft­werk älter ist als ein Kohle­kraft­werk. Etwa im Süden Ham­burgs, wo ein Wind­rad bereits seit knapp 20 Jahren Strom erzeugt, während das Kohle­kraft­werk Moorburg gleich gegen­über erst 2015 in Betrieb genommen wurde.

Windpark in Moorburg, Hamburg

Mittlerweile ist die Wind­kraft weltweit auf dem Vor­marsch. Dieses Foto in Lapp­land, nördlich vom Polar­kreis, ist für mich ein Symbol­bild. Der Wegweiser dient Besu­chern des weit­flächigen Areals zur Orien­tie­rung. Welchen Ausweg wir aus der Klima- und Energie­krise nehmen, wird sich erst in Zukunft zeigen.

Windpark Maevaara, Schweden

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Landschaft im Wandel

Stünden hier anstelle der Wind­räder alte holländische Wind­mühlen, würden die meisten Betrachter dieses Foto als stimmungs­volle Land­schafts­auf­nahme empfinden. Wind­räder hingegen werden häufig als Stör­faktoren wahr­genommen. Ist es das Neue, was uns aufstößt? Und werden spätere Gene­rationen vielleicht ganz anders denken?

Windpark Germinon, Champagne-Ardenne/Frankreich

Um den Vorwurf der Land­schafts­ver­schandlung ent­gegen­zu­treten, legt man Wind­parks zunehmend in Gegenden, die eh schon belastet sind – etwa in der Nähe von Auto­bahnen oder in Indu­strie­gebiete, etwa dem Ham­burger Hafen. In anderen Gegenden versucht man, Anlagen zu bündeln oder in wieder­erkenn­baren Mustern anzulegen.

Windräder im Hamburger Hafen

Gegner von Wind­kraft­anlagen bemängeln zudem die nächt­liche Beleuch­tung. Neuere Anlagen werden deshalb zu­neh­mend mit Radar­systemen ausge­stattet, die die Warn­lichter nur im Bedarfs­fall aus­lösen, also etwa wenn ein Flug­zeug das Gebiet über­fliegt.

Windpark Wundersleben, Thüringen

In meinen Bildern versuche ich, diesen Balance­akt festzuhalten zwischen dem Bedarf nach optimalen Energie­ertrag und den Bedürf­nissen der Bevölkerung nach einem unver­stell­ten Horizont.

Windpark Wölkisch, Sachsen

Als Beobachter der Wind­ener­gie­branche ver­stehe ich sowohl die Gegner als auch die Befür­worter. Ob Wind­energie sich lang­fristig durch­setzt, wissen wir noch nicht. Aber immer­hin können die Anlagen, etwa wenn sie von neueren Techno­lo­gien ab­ge­löst werden, jeder­zeit wieder ab­ge­baut werden, ohne belas­tende Abfälle für nach­kommende Generationen zu hinter­lassen.

Windpark Sehestedt, Schleswig-Holstein

Ulrich Mertens arbeitet bereits seit den frühen Achtziger Jahren zum Thema Ener­gie­er­zeu­gung. Anfangs ent­standen Foto­arbeiten in Kohle- und Uran-Berg­werken, jetzt fokussiert er den Bereich der re­gene­rativen Ener­gie­erzeu­gung. Bilder aus seiner aktuel­len Arbeit »Wind in Sicht« sind u.a. im Haus der Geschichte zu sehen. Mit Ehr­furcht und Leiden­schaft für die Natur bezieht er mit seiner Foto­grafie Position gegen den Klima­wandel.

Team

Autor Ulrich Mertens

Videos, Schnitt, Redaktion Alexandra Frank

Grafik Cornelia Pfauter

Gestaltung, Programmierung Lorenz Kiefer

Dokumentation Peter Wetter, Malte Zeller

Schlussredaktion Sandra Pietsch

Zusätzliches Videomaterial: Thomas Wagensonner

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