Stößt eine Arbeiterin auf nektarreiche Blüten, so dauert es nicht lange, bis sich zahlreiche weitere Bienen um die Nektarquelle tummeln. Das ist kein Zufall: Die fündig gewordene Biene gibt den Fundort an die anderen Bienen ihres Staates weiter. Überbracht wird die Erfolgsmeldung tanzenderweise. Nach aktuellem Wissensstand ist diese Art der Kommunikation im Tierreich einzigartig.
Der Zoologe und Verhaltensforscher Karl von Frisch war der Erste, der den sogenannten Schwänzeltanz entschlüsselte. Von Bedeutung ist dabei die namensgebende Schwänzelphase:
Frisch erkannte und deutete die beiden wesentlichen Prinzipien, denen die Choreografie folgt:
Die Dauer der Schwänzelphase steht im Verhältnis zur Entfernung der Nahrungsquelle vom Bienenstock.
Der Winkel zwischen Richtung der Schwänzelphase und Senkrechten der Wabe entspricht dem Winkel zwischen Sonnenachse und der Richtung, in der sich die einen Besuch lohnenden Blumen befinden.
Beginn einer Kommunikationskette
Jüngere Untersuchungen haben Frischs Beobachtungen mittlerweile vervollständigt. Tatsächlich ist die im Tanz enthaltene Wegbeschreibung nicht präzise genug, um den genauen Ort zu finden. Damit die Arbeiterinnen die Nahrungsquelle zielgenau ansteuern können, benötigen sie weitere Informationen. Die erhalten sie aus einer mehrgliedrigen Kommunikationskette, deren Anfang der Schwänzeltanz darstellt.
Mit dem ungenauen Schwänzeltanz macht die fündig gewordene Biene andere Arbeiterinnen auf sich aufmerksam. Dabei deutet sie die grobe Richtung der Nektarquelle an. Sie bietet den anderen Bienen außerdem Kostproben des gefundenen Nektars an:
Je häufiger eine neu rekrutierte Sammelbiene einen Bienentanz mitverfolgt, desto genauer wird der Anflug der Nektarquelle. Viele Sammelbienen beobachten etwa acht bis zehn Tänze, um deren Angaben für eine höhere Präzision zu mitteln.
Neu rekrutierte Sammelbienen fliegen häufig nur den ersten Teil der Strecke im geradlinigen Vektorflug, der ihnen durch den Tanz angedeutet wurde, und gehen dann in einen kreisenden Suchflug über, um mit Geruchs- und Sehsinn die Futterquelle zu finden.
Trotz der Ungenauigkeit des Tanzes fliegen erfahrene Sammelbienen die Nektarquelle oft erstaunlich präzise und ohne große Suchflüge an. Teils orientieren sie sich dabei an Landschaftsmerkmalen wie Baumgruppen oder Wegen. Die Vermutung: Die Bienen könnten über eine Art mentale Karte oder ein fotografisches Gedächtnis verfügen, welches ihnen erlaubt, die Ungenauigkeit der getanzten Informationen zu präzisieren.
Außerhalb des Stocks weist eine erfolgreiche Arbeiterin anderen Bienen den Weg, indem sie zwischen dem Bienenstock und der Nahrungsquelle hin- und herfliegt.
Am Ziel zeigt die lotsende Arbeiterin schließlich durch auffällige »Brauseflüge« um die Blüten den genauen Standort der Nektarquelle an. Sie verströmt dabei über die am Abdomen sitzende Nasanov-Drüse einen Duft, der die anderen Sammlerinnen anlockt.
Video: Bojan Damnjanovic
Basierend auf Korrespondenzen mit diversen Bienenforschern wie zum Beispiel Randolf Menzel, Jürgen Tautz und Rüdiger Wehner.